Pflegeversicherung auf einen Blick
Der Pflegebedürftigkeitsbegriff und das Begutachtungsassessement
Was wird begutachtet?
Die Fähigkeiten der Menschen in den folgenden sechs Lebensbereichen
- Mobilität
- Kognitive und kommunikative Fähigkeiten
- Verhaltensweisen und psychische Problemlagen
- Selbstversorgung
- Bewältigung von und selbständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen oder Belastungen
- Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte
Aufgrund einer Gesamtbewertung aller Fähigkeiten und Beeinträchtigungen erfolgt die Einstufung in einen der fünf Pflegegrade.
In den einzelnen Modulen bzw. Lebensbereichen werden für jedes erhobene Kriterium je nach Schweregrad der Beeinträchtigungen Punkte vergeben, zusammengezählt und gewichtet. Aus dem Gesamtpunktwert wird der Pflegegrad abgeleitet.
Pflegegrad 1
Personen mit geringer Beeinträchtigung ihrer Fähigkeiten können Leistungen im Pflegegrad 1 erhalten.
Neben der qualifizierten Pflegeberatung hat dieser Personenkreis Anspruch auf
- Eine Halbjährliche Beratung in der Häuslichkeit
- Versorgung mit Pflegehilfsmitteln
- Zuschuss für wohnumfeldverbessernde Maßnahmen
- Zusätzlicher Entlastungsbetrag (131.-€)
- Pflegekurse für Pflegepersonen
Die Leistungen in den fünf Pflegegraden (PG)
Leistungsbeträge | PG 1 | PG 2 | PG 3 | PG 4 | PG 5 |
---|---|---|---|---|---|
Geldleistung |
347 € |
599 € |
800 € |
990 € |
|
Sachleistung |
131 € | 796 € |
1.497 € |
1.859 € |
2.299 € |
Entlastungsbetrag |
131 € |
131 € |
131 € |
131 € |
131 € |
Teilstationäre Pflege |
131 € | 721 € |
1.357 € |
1.685 € |
2.085 € |
Vollstationäre Pflege |
131 € |
805 € |
1.319 € |
1.855 € |
2.096 € |
Im Einzelnen
Pflegesachleistung
Die ambulanten Sachleistungen sind für die Inanspruchnahme eines Pflegedienstes (Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung).
PG 1 | PG 2 | PG 3 | PG 4 | PG 5 |
---|---|---|---|---|
- |
796 € |
1.497 € |
1.859 € |
2.299 € |
Wer seinen Anspruch auf ambulante Pflegesachleistungen nicht voll ausschöpft, kann zudem den nicht für ambulante Sachleistungen genutzten Betrag – maximal aber 40% des hierfür vorgesehenen Leistungsbetrages – für niedrigschwellige Betreuungs- und Entlastungsangebote verwenden.
Pflegegeld
Voraussetzung für den Bezug von Pflegegeld ist, dass die häusliche Pflege selbst sichergestellt ist, d. h. durch Angehörige oder andere ehrenamtliche Pflegepersonen.
PG 1 | PG 2 | PG 3 | PG 4 | PG 5 |
---|---|---|---|---|
- |
347 € |
599 € |
800 € |
990 € |
Kombinationsleistung
Eine Kombinationsleistung aus Geld- und Sachleistung ist möglich.
Entlastungsleistungen
(Ab Pflegegrad 1)
Alle Personen mit einem Pflegegrad können 131 € mtl. zur Entlastung einsetzen.
Der Entlastungsbetrag wird nicht automatisch der pflegebedürftigen Person ausgezahlt, sondern entstandene Kosten werden im Nachhinein durch die Pflegekasse erstattet. Erstattet werden zum Beispiel:
- Betreuungsangebote für pflegebedürftige Menschen in der eigenen Häuslichkeit oder in einer Betreuungsgruppe
- Angebote zur Entlastung im Alltag wie z.B. Einkaufen, Hauswirtschaft, Fahrdienste, Botengänge)
- Bei Personen mit PG 1 kann der Entlastungsbetrag auch für die Körperpflege genutzt werden.
Außerdem kann man mit dem Entlastungsbetrag den Eigenanteil der Tages- und Nachtpflege und Kurzzeitpflege bezahlen.
Der Entlastungsbetrag verfällt nicht monatlich, man kann ihn ansparen. Erst im Folgejahr am 30. Juni verfallen die nicht genutzten Ansprüche des Vorjahres.
Bis zu 40 % des Betrages für Pflegesachleistungen können für Entlastungsleistungen genutzt werden.
NEU seit Dezember 2024:
Der Entlastungsbetrag kann nun auch für die Abrechnung von privaten Personen, den sogenannten ehrenamtlichen Einzelhelfer*innen, genutzt werden. Weitere Informationen und die notwendigen Formulare zur Abrechnung sind hier zu finden: https://sozialministerium.baden-wuerttemberg.de/de/gesundheit-pflege/pflege/ehrenamt-und-selbsthilfe/anerkennung-einzelhelfende
Kurzzeitpflege
(Ab Pflegegrad 2)
Pflege in einer vollstationären Einrichtung je Kalenderjahr für längstens 4 Wochen - bis maximal 1.854 Euro. Weiterzahlung von 50% Pflegegeld bis zu jeweils 4 Wochen.
Wenn diese Leistung nicht ausreicht, kann der im Kalenderjahr noch nicht verbrauchte Leistungsbetrag für Verhinderungspflege auch für Leistungen der Kurzzeitpflege eingesetzt werden. Die maximal mögliche Leistungszeit erhöht sich somit auf 8 Wochen.
(Hierfür kann bei Pflegegrad 1 der Entlastungsbetrag eingesetzt werden.)
Sonderregelung für Menschen bis 25 Jahren mit Pflegegrad 4 oder 5:
Gemeinsamer Jahresbetrag in Höhe von 3.539 € (Verhinderungspflege und Kurzzeitpflege) für längstens 8 Wochen und die 6 Monate Vorpflegezeit entfällt.
Diese Sonderregelung wird ab 1. Juli 2025 für alle Pflegebedürftige gelten.
Verhinderungspflege
(Ab Pflegegrad 2)
Bei Urlaub, Krankheit oder sonstiger Verhinderung je Kalenderjahr für längstens 6 Wochen - bis maximal 1.685 Euro. Weiterzahlung von 50% Pflegegeld bis zu jeweils 4 Wochen.
Wenn diese Leistung nicht ausreicht, kann der im Kalenderjahr noch nicht verbrauchte Leistungsbetrag für Kurzzeitpflege (843 Euro) auch für Leistungen der Verhinderungspflege eingesetzt werden. Anspruch erst 6 Monate nach Eintritt der Pflegebedürftigkeit.
Sonderregelung für Menschen bis 25 Jahren mit Pflegegrad 4 oder 5:
Gemeinsamer Jahresbetrag in Höhe von 3.539 € (Verhinderungspflege und Kurzzeitpflege) für längstens 8 Wochen und die 6 Monate Vorpflegezeit entfällt.
Diese Sonderregelung wird ab 1. Juli 2025 für alle Pflegebedürftige gelten.
Tages- / Nachtpflege
(teilstationäre Pflege)
PG 1 | PG 2 | PG 3 | PG 4 | PG 5 |
---|---|---|---|---|
131 € | 721 € |
1.357 € |
1.685 € |
2.085 € |
* im Pflegegrad 1 kann auch hier der Entlastungsbetrag eingesetzt werden.
Vollstationäre Pflege
Bei der vollstationären Pflege übernimmt die Pflegekasse monatlich pauschal
PG 1 | PG 2 | PG 3 | PG 4 | PG 5 |
---|---|---|---|---|
131 € |
805 € |
1.319 € |
1.855 € |
2.096 € |
Für die Pflegegrade 2 bis 5 wird ein einrichtungseinheitlicher Eigenanteil der Versicherten in vollstationärer Pflege für die festgeschrieben, d. h. erhöht sich der Pflegegrad in diesem Bereich, bleibt der Eigenanteil gleich.
Um Pflegebedürftige vor Überforderung durch steigende Pflegekosten zu schützen, zahlt die Pflegeversicherung bei der Versorgung im Pflegeheim einen Zuschlag zu dem pflegebedingten Eigenanteil inkl. Ausbildungsumlage.
Er steigt mit der Dauer der Pflege:
- Im ersten Jahr trägt die Pflegekasse 15 % des pflegebedingten Eigenanteils,
- im zweiten Jahr 30 %,
- im dritten Jahr 50 %
- und danach 75 %.
Frühzeitige Beratung
Die Pflegekasse muss innerhalb von 2 Wochen dem Antragsteller eine Beratung anbieten oder einen Beratungsgutschein ausstellen (Pflegeberater, neutrale Beratungsstelle).
Zeitnahe Entscheidung
Der Erstantrag muss innerhalb von 25 Arbeitstagen entschieden sein. Wird die Entscheidung nicht fristgerecht getroffen, so erhält der Antragsteller pro begonnene Woche 70 Euro als erste Versorgungsleistung.
Rehabilitation vor Pflege
Jeder, der einen Antrag auf Anerkennung seiner Pflegebedürftigkeit stellt, soll automatisch eine Empfehlung zu seinen individuellen Möglichkeiten zur Rehabilitation erhalten (mobile, geriatrische oder indikationsspezifische Reha).
Maßnahmen zur Verbesserung des Wohnumfeldes
(Ab Pflegegrad 1)
Zu pflegebedingten Umbaumaßnahmen in der Wohnung können Zuschüsse bis zu 4.180 Euro je Maßnahme gezahlt werden. Auch für Menschen mit erheblichem Betreuungsbedarf (§45b SGB XI). Bei mehreren pflegebedürftigen Menschen in einem Haushalt kann der Zuschuss bis zu vier mal in Anspruch genommen werden.
Hilfsmittel zum Verbrauch
(Ab Pflegegrad 1)
Für Verbrauchsmittel werden bis zu 42 Euro monatlich bewilligt.
Dabei handelt es sich um:
- Saugende Bettschutzeinlagen
- Fingerlinge
- Einmalhandschuhe
- Masken
- Schutzschürzen
- Schutzservietten
- Desinfektionsmittel
Förderung ambulant betreuter Wohnformen
(Ab Pflegegrad 2)
Pflegebedürftige in Wohngruppen erhalten einen Zuschlag von 224 € Sachleistungen monatlich.
Soziale Sicherung der Pflegepersonen
Unfallversicherung:
Pflegepersonen, die einen Pflegebedürftigen mit mindestens Pflegegrad 2 pflegen sind unfallversichert.
Rentenversicherung:
Die Pflegekasse zahlt Rentenversicherungs-beiträge für Pflegepersonen, die max. 30 Stunden berufstätig sind und einen oder mehrere Pflegebedürftige zusammen mindestens 10 Stunden aufgeteilt auf regelmäßig mindestens 2 Tage pflegen.
Arbeitslosenversicherung:
Pflegepersonen werden von der Pflegekasse gegen Arbeitslosigkeit versichert. (Mindestzeiten wie bei der Rentenversicherung).
Bessere Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf
Die gesetzlichen Regelungen ruhen auf drei Säulen.
10-tägige Auszeit im Akutfall (Pflegeunterstützungsgeld)
Für die zehntägige Auszeit, die Angehörige beanspruchen können, wenn eine Pflegesituation akut eintritt, gibt es eine Lohnersatzleistung. Als Pflegeunterstützungsgeld werden im Grundsatz 90 Prozent des wegfallenden Nettoentgelts gezahlt.
Pflegezeit
Wer von der Möglichkeit Gebrauch macht, sechs Monate ganz oder teilweise aus dem Beruf auszusteigen, um nahe Angehörige zu pflegen, hat einen Rechtsanspruch auf ein zinsloses Darlehen. Damit soll es für die Betroffenen leichter werden, ihren Lebensunterhalt in der Pflegephase zu bestreiten. Der Sozialversicherungsschutz bleibt bestehen. Der Rechtsanspruch auf Freistellung besteht gegenüber Arbeitgebern mit mindestens 15 Beschäftigten.
Familienpflegezeit
Einen Rechtsanspruch gibt es auch für eine 24-monatige Familienpflegezeit. Hier können pflegende Beschäftigte ihre Arbeitszeit bis auf eine Mindestarbeitszeit von 15 Wochenstunden reduzieren. Den Einkommensausfall können Sie durch ein zinsloses Darlehen abfedern, das beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Angelegenheiten zu beantragen ist. Der Rechtsanspruch auf Familienpflegezeit gilt gegenüber Arbeitgebern mit mehr als 25 Beschäftigten.
Mehr Gestaltungsspielraum
Die Freistellungsmöglichkeiten für die Pflege naher Angehöriger können miteinander kombiniert werden. Die Gesamtdauer beträgt maximal 24 Monate. Der Begriff der "nahen Angehörigen" wird für das Pflegezeitgesetz und das Familienpflegezeitgesetz erweitert: auch Stiefeltern, lebenspartnerschaftliche Gemeinschaften und Schwägerinnen und Schwager werden berücksichtigt. Die Regelungen gelten auch für Eltern und Angehörige pflegebedürftiger Kinder, die nicht zu Hause, sondern in einer außerhäuslichen Einrichtung betreut werden. Auch für die Begleitung schwerstkranker Angehöriger in der letzten Lebensphase besteht für maximal drei Monate die Möglichkeit, die Arbeitszeit ganz oder teilweise zu reduzieren.
Genauere Beratung erhalten Sie direkt bei Ihrer Pflegekasse oder im Pflegestützpunkt.
Weitere Hinweise erhalten Sie in der Broschüre Ratgeber Pflege, sowie eine Übersicht über die finanzielle Unterstützung in der Broschüre Pflegeleistungen zum Nachschlagen, die Sie hier herunter laden bzw. bestellen können.